Die Berechnung der Lesbarkeit – Atilla Korap über das Rendern von Schrift für e-Books

Atilla Koraps Vortrag klingt auf den ersten Blick super technisch, denn es geht um die Optimierung von Webfonts für unterschiedlichste Endgeräte und verschiedenster Gebrauchsbedingungen. Der Experte von Monotype verschafft uns einen Überblick über die Problematik und Optimierungsmöglichkeiten des Type Hintings und zeigt auf, welche Anforderungen es an die Schriften der Zukunft geben wird.

Mit einem kurzen Ausflug in die Geschichte des Drucks – Zeitungstexten, bei denen die Punzen zufließen bis im Fotosatz hergestellte Etiketten, deren Druckbild nicht gleichmäßig ist – umreißt Atilla Korap ein lang bekanntes Problem: jeder Kontext und jedes Format braucht seine eigene Schrift. Im Druck ist das ein alter Schuh, doch was bedeutet es im digitalen Zeitalter? Er zeigt Beispiele von frühen DOS-Bildschirmen, Geschwindigkeitsanzeigen im Auto und Armbanduhren. Was kann man da tun? – Die Auflösung zu erhöhen ist eine der Möglichkeiten. Auch dafür hat Atilla Korap ein paar Bilder parat und zeigt, wie immer besser aufgelöste Bildschirme eine immer schärfere und abgerundete Darstellung von Schriften ermöglichen. Doch bringt die Masse an vielfältigen digitalen Ausgabegeräten wie Smartphones, e-Books oder Laptops noch ein weiteres, ganz anderes Problem mit sich: der Gestalter (z.B. einer Website oder eines e-Books) weiß gar nicht mehr, was der Leser am Ende sehen wird. Je nach Gerät verändert sich die Auflösung oder selbst die Schrift, die es anzeigt, da auch eingebettete Fonts nicht immer richtig angezeigt werden können. Dem Gestalter fehlt also die Kontrolle über sein Produkt.

Atilla Korap

Atilla Korap

Rapid Response Technology Specialist (Bad Homburg)

Atilla Korap has been working at Monotype (formerly Linotype) in Bad Homburg for more than 14 years. He began as a font engineer before becoming director of font development in 2008. Since August 2013, he has been in the rapid response / customer engagement division. He works with clients between OEM and publishing, using his knowledge of Monotype’s font and software portfolio to find, develop and integrate the best solution for their needs.

Hier kommen die Webfonts ins Spiel

Atilla Korap arbeitet seit langer Zeit bei Monotype in der Font Entwicklung und ist seit August 2013 im Bereich „Rapid Response“ tätig. Monotype vertreibt und lizensiert seit mehreren Jahrzehnten digitale Schriften und passt die vorhandenen an sich ständig verändernden Bedingungen an – eine Sisyphos Aufgabe.

Wie genau wird eine Schrift für ein e-Book lesbarer gestaltet?

An dieser Stelle fängt es an wirklich technisch zu werden. Erst einmal müssen die Bedingungen geklärt werden: es geht um skalierbare Schriften, die auf Geräten mit mindestens 100 Pixel Auflösung angezeigt werden – mit der gewohnten Lese­entfernung eines Buchs. Im Gegensatz zum Durchklicken von Websites ist die Konzentration des Lesers bei e-Books wesentlich länger und ausdauernder.
Im Schnelldurchgang gibt Atilla Korap eine Einleitung in die Gestaltung von Schrift: Vektor, Outline, Geviert und em-Square sind die Schlagworte. Und dann kommt der entscheidende Schritt. Die Schrift muss von einer Vektor- in eine Bitmap-Datei umgewandelt werden. Dafür stellt er zwei Verfahren vor:

  • den „Rasterizer“
  • und das Rendern.

Das Rastern ist so einfach, wie ungenau. Die einst sorgfältig durchdachten Kurven der einzelnen Buchstaben werden beim Umrechnen in einzelne kantige Pixel zerhackt. Und so fällt zum Beispiel der Kontrast der Stämme eines m mal dicker und mal verschwindend dünn aus.

Oder einfach gesagt: der Charakter der Schrift geht verloren. Um dem entgegenzuwirken und die Kanten etwas weicher zu gestalten, folgen Erklärungen zu Autohinting und der Abstufung des Grauwerts nach außen.
Option Nummer zwei: das Rendern. Hier wird ebenfalls versucht die Form durch Grauwerte zu erhalten.

Jedes Gerät braucht seine eigene Schrift

Bei Schrift geht es immer um optische Räume und das Anpassen an die unterschiedlichen Umstände. Umso kleiner die Schrift ist, desto weiter muss sie laufen; bei größerer Schrift ist wiederum mehr Kontrast notwendig.
Doch wie finde ich eine optimierte Schrift für den Bildschirm? Auch hier gibt Attila Koraps eine pragmatische Antwort: Es sind die Schriften innerhalb eines Schriftenpakets, die die Endung -Display, -Micro oder auch -eText tragen. Diese findet man allerdings nur in sehr gut ausgebauten Schriftfamilien.

Typografische Raketenforschung

Am Ende seines Vortrags angelangt, gibt uns Atilla Korap einen Ausblick, wo die Optimierung von Fonts hinführen könnte. Zum Beispiel zu Optimierungen für die Darstellung von Schrift auf der Frontscheiben in Autos, in denen das Display direkt in die Scheibe integriert ist. In der Theorie funktioniert das schon sehr gut, nur müsste man sich in der Praxis mit „neuen“ Faktoren auseinandersetzen – wie der Sonneneinstrahlung. Das ist eine völlig neue Herausforderung für den Font-Spezialisten und hört sich nach typografischer Raketenforschung an – auf zu den Sternen!

cw, SGG