Anselm Kiefer, Die Buchstaben, 2012, © Anselm Kiefer, Foto Stefan Korte
Das Herz der Ausstellung schlägt in Form der Monumental-Skulptur Die Buchstaben von Anselm Kiefer im Atrium des Gebäudes. Mit metallischen Sonnenblumen verzierte Druckmaschinen feiern die Entstehung des Buchdrucks.
Für typografische Gestalter ist Art and Press wahrscheinlich die spannendste Ausstellung der Saison. Seit dem Wochenende ist sie im Berliner Gropiusbau zu sehen, mit Werken von internationalen Stars wie Ai Weiwei, Andy Warhol, Damien Hirst, Gilbert & George, Anselm Kiefer, Julian Schnabel oder Jenny Holzer.
Der junge iranische Künstler Farhad Moshiri beschäftigt sich in seiner Installation »Kiosk de Curiosité« mit dem Thema Zensur
Was gibt es zu sehen? Zum Beispiel ein Zeitungskiosk aus dem Iran, mit Magazinen wie Marie Claire, Essen & Trinken oder Vogue als handgewebte Teppiche – und mit großen ausgestanzten Löchern, ein Hinweis auf die persische Zensur. Oder ein lebensgroßer röhrender Hirsch auf einem Zeitungsstapel, also Mahnung, dass unser Medienkonsum auch ein Stück unserer Natur konsumiert. Anselm Kiefer hat im Lichthof drei Satz- und Druckmaschinen mit versilberten Sonnenblumen und Foto-Printrollen drapiert, um sie herum liegen Hunderte von Bleibuchstaben … »Für Kiefer begann ein Prozess der Verarmung, als nicht mehr manuell gesetzt wurde« heißt es im Katalog und: »Die Geschichte unserer Zivilisation wär ohne die Schrift, ohne das Buch, ohne die Zeitung nicht denkbar.«
In ihrem Bilderzyklus »London Pictures« werfen Gilbert & George mit zitierten Schlagzeilen die Frage nach der Produktion von Nachrichten und deren Wahrheitsgehalt auf
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Zeitung Material und Gegenstand der Kunst. Künstler setzen sich mit diesem Medium, ob in der Funktion als Instrument der Aufklärung oder der Manipulation, auf vielfältige Weise auseinander. Motivation und Bedeutung für die Nutzung des Mediums sind dabei immer unterschiedlich. Art and Press zeigt über 56 künstlerische Positionen zu dem Thema. Die Bandbreite der Werke reicht von Malerei und Collage über Skulptur und Installation bis zur Fotografie.
In »A Mallarmé« des italienische Künstler Mario Merz bilden Zeitungsstapel eine Bodenskulptur, auf denen ein Zitat aus blauen Neonbuchstaben auf die Beliebigkeit der journalistischen Praxis verweist
Viele Künstler haben eigens für die Ausstellung neue Arbeiten realisiert oder aus ihrem Œuvre ausgewählt. Gilbert & George werfen in ihrem Bilderzyklus »London Pictures« mit zitierten Schlagzeilen die Frage nach der Produktion von Nachrichten und deren Wahrheitsgehalt auf. Ai Weiwei hat für die Ausstellung eine Rauminstallation aus Armier-Stahl geschaffen. Das Material dafür stammt von einem erdbebenzerstörten Schulgebäude, unter dem über 1000 Schüler begraben wurden – der Stahl als Beweisstück auf der Suche nach der Wahrheit, über die in China nicht berichtet werden durfte.
Die Ausstellung läuft bis zum 24. Juni 2012. Im Herbst kommt Art and Press dann nach Karlsruhe: Das ZKM Zentrum für Kunst und Medientechnologie zeigt die Ausstellung vom 15. 09. 2012 bis 10. 02. 2013.